Donald Rumsfeld - Saddam Hussein 1983 Deal - & Schmiergeldzahlungen





Donald Rumsfeld - Saddam Hussein 1983 - Deal







Geheimakten nach 20 Jahren (2003) veröffentlicht:


Pipeline-Geschäft trotz Chemiewaffenkrieg verhandelt


Donald Rumsfeld, von 2001 - 2006 US-Verteidigungsminister, traf sich am 20. Dezember 1983 mit Saddam Hussein und dessen Stellvertreter Tariq Aziz in Bagdad. Sie sprachen, das steht nun fest, nicht über die Chemiewaffen, die der Irak gerade im Krieg gegen den Iran eingesetzt hatte. Sie sprachen auch nicht über die Verfolgung der Kurden, der Schiiten oder anderer Minderheiten. Ihr einziges Thema war Öl - genauer: die Finanzierung und der Bau einer Pipeline vom Irak an den Golf von Akaba, zum Roten Meer. Akaba liegt in Jordanien, ein paar Kilometer nur entfernt von Eilat, und das gehört zu Israel. Auch Israel sollte in das Projekt einbezogen werden. 


Die Gründe für den laufenden US-Feldzug mögen manchem noch unklar sein. Die Gründe für Rumsfelds Reise nach Bagdad vor vierzig Jahren liegen offen zutage, seit das US-Sicherheitsarchiv die Geheimhaltung der entsprechenden Akten aufgehoben hat. Auf 18 Seiten belegt das Washingtoner »Institute for Policy Studies« zusammen mit dem Sustainable Energy & Economy Network anhand der zugänglichen Papiere: Die gleichen Personen, die im Irak nach Massenver - nichtungswaffen zu suchen vorgaben, hatten damals die Massenvernichtung von Iranern und Kurden vor Augen, aber nur eins im Kopf: - Öl. 


Im März 1982 hatte die syrische Regierung zur Unterstützung Irans den Irakern ihre große Ölexportleitung ans Mittelmeer gesperrt. Als Haupt-Exportroute blieb die Trasse zu den unzureichenden Hafenanlagen südlich von Basra am Persischen Golf. Zusätzlich hat die Route den Nachteil, daß sie von iranischer Seite, also vom Nordostufer des Golfs aus, leicht blockiert werden kann. Das gilt trotz der zahlreichen westlichen Stützpunkte an der Südseite der Straße von Hormus, zum Beispiel in der Exklave von Oman. Eine weitere Möglichkeit zur Abfuhr überwiegend des nordirakischen Öls führte und führt durch kurdisches und türkisches Gebiet nach Ceyhan am Mittelmeer. Sie war und ist gefährdet, solange die dortigen Konflikte ungelöst sind. 


Reagans Außenminister George Shultz, vorher Manager beim Großbauunternehmen und Öltechnologie-Giganten Bechtel, lancierte daher für seinen früheren Arbeitgeber die Idee einer Pipeline ans Rote Meer, das bis dahin von derartigen Überlegungen ausgeschlossen schien - und zwar wegen der Nähe zu Israel. Rumsfeld trug das Investitonsvorhaben mehrfach in Bagdad vor, so auch in einer Variante am 26. März 1984. Am selben Tag verurteilte ein UN-Ausschuß einstimmig den Einsatz irakischer Chemiewaffen gegen iranische Soldaten. Das veranlaßte den US-Außenminister Shultz lediglich dazu, die Iraker zu bitten, sie mögen die USA nicht in die »peinliche Situation« bringen, künftig Chemikalien zu kaufen, die »Ausgangsmaterial für etwas sein könnten, was zur Produktion chemischer Waffen beitragen könnte«. 


Unterdessen trieben die US-Delegierten die Finanzierungspläne für das Pipeline-Projekt voran und versicherten angesichts der Chemiewaffen ihren irakischen Verhandlungspartnern: »Wir möchten nicht, daß dieses Thema unsere gegenseitigen Beziehungen beherrscht.« Deutlich wird die bewußte Verknüpfung des privatwirtschaftlichen Gewinnmotivs mit geostrategischen Gesichtspunkten bei Bechtel-Manager H.B. Scott angesichts eines scheinbar bevorstehenden Abschlusses der Verhandlungen mit dem Irak im Jahre 1984: »Ich kann gar nicht genug betonen, wie wichtig die Anstrengungen des Bechtel-Managements auf allen Ebenen der US-Regierung und der Industrie sind, dieses Projekt zu unterstützen. Das Projekt hat bedeutende geopolitische Untertöne. Die Zeit dürfte dafür reif sein, mit dem Projekt schnell voranzukommen und zwar mit sehr bedeutenden Belohnungen dafür, daß Bechtel es ermöglicht hat.« 


Die U.S. Export-Import-Bank und die U.S. Overseas Private Investment Corporation, die mit Regierungsunterstützung Exportgeschäfte absichern helfen, wurden von Lobbyisten und Reagan-Beamten gedrängt, 500 Millionen Dollar Kredite und Bürgschaften bereitzustellen. Doch Saddam Hussein verlangte seinerseits Sicherheit. Er fürchtete, Israel könnte die Pipeline angreifen. So entwickelte die US-Regierung Pläne, Erträge aus der Pipeline an die israelische Arbeitspartei weiterzuleiten. Auch erwog sie, militärische und zivile Hilfe für Israel an die Zusicherung zu koppeln, daß die Pipeline unangetastet bleibt. Richter William Clark flog deshalb als fürstlich bezahlter Angestellter der Technologiefirma Bechtel nach Bagdad - ausgewiesen als Vertreter von Präsident Reagan und seines Nationalen Sicherheitsrates. Auch ein enger Freund des damaligen israelischen Ministerpräsidenten Schimon Perez schaltete sich in die Verhandlungen ein. Der Schweizer Milliardär Bruce Rappaport wandte sich an Bechtel mit dem Angebot einer israelischen Sicherheitsgarantie für die geplante Trasse. Rappaport verlangte einen Abschlag auf den Abschluß von zehn Prozent, von dem ein Teil an ihn, ein anderer an Israel weitergeleitet werden sollte. 


Am 25. Februar 1985 versicherte Schimon Perez, daß Israel keinen »unprovozierten Angriff« gegen die Pipeline durchführen würde. Doch die Projektbetreiber fürchteten, daß diese sprachliche Wendung nicht dazu ausreichen würde, die Iraker zu beruhigen. Ein Jahr später ließ Saddam Hussein den gesamten Plan fallen. Die Autoren der Studie meinen: Seitdem hätten sich die irakisch-US-amerikanischen Beziehungen von Jahr zu Jahr verschlechtert. 


Wieder einmal zeigt sich: Was in der Gegenwart von Kriegsbefürwortern als Konspirationstheorie lächerlich gemacht wird, ist möglicherweise längst in Akten als nackter Fakt festgehalten. Nur sind uns die Akten vorläufig unzugänglich. Heute wirken an Kriegsplänen und deren Durchführung weit mehr rechtsextreme Neokonservative mit als vor vierzig Jahren. Sie handeln im Konsens mit der rechtsextremen israelischen Regierung. Eine Bestechung der Arbeitspartei dürfte sich angesichts der Schwäche der Kriegsgegner in Israel erübrigt haben. 


Die Autoren der Studie urteilen abschließend: »Die bittere Lektion aus dem Akaba-Projekt ist wohl, daß ein ›übler Diktator‹ als guter Freund der Vereinigten Staaten gilt, wenn er ein Geschäft zu machen bereit ist - und als tödlicher Feind, wenn er sich sperrt.« 



 Siemens und DaimlerChrysler
zahlten Schmiergeld
 an Saddam Hussein 


Laut UN-Bericht unterminierten 2.200 Firmen das Embargo

Zuallererst muß daran erinnert werden, daß das unter anderem auch von US-Präsident Bill William Clinton unterstützte Embargo gegen den Irak innerhalb von 10 Jahren rund 1,5 Millionen IrakerInnen das Leben kostete.1 Das 1990 vom Weltsicherheitsrat auf Drängen der US-Regierung verhängte Wirtschafts- und Handelsembargos war die schärfste Sanktion, die je gegen einen Staat verhängt wurde. Nun legt ein aktueller UN-Bericht offen, daß der irakische Diktator Saddam Hussein in dieser Zeit Dank den Schmiergeldzahlungen großer internationaler Konzerne wie Siemens, DaimlerChrysler und Volvo aus dem Vollen schöpfen konnte. Daß Saddam Hussein unter dem Embargo nicht zu leiden hatte, war damals bereits offensichtlich.


Aus dem Abschlußbericht der UN-Untersuchungskomission unter dem Vorsitz des früheren US-Notenbankchefs Paul Volcker geht hervor, daß über 2.200 namentlich genannte Unternehmen aus 66 Staaten unter Ausnutzung des UN-Hilfsprogramms für die irakische Bevölkerung 'Öl für Lebensmittel' Schmiergelder an die irakische Regierung geleistet und damit gegen UN-Sanktionen und Bestimmungen der Hilfsprogramms verstoßen haben.

 

Der Schweizer Strafrechtsexperte und leitende Mitarbeiter der UN-Untersuchungskomission, Mark Pieth, äußerte überraschend naiv, er sei "sehr enttäuscht, daß 2.200 Firmen der Crème der Weltwirtschaft den Zahlungen zustimmten, um Irak-Geschäfte zu machen". Es sei möglich, daß die Justiz den Fällen nachgehen und Strafverfahren gegen die Firmen einleiten werde. Unterdessen hat allerdings bereits die deutsche Staatsanwaltschaft in vorauseilendem Gehorsam ihre Unwilligkeit zu einer solchen Aufarbeitung bekundet. Es lägen nicht genügend Hinweise vor, die einen "Anfangsverdacht" rechtfertigen würden.

 

Mark Pieth erläuterte, daß der Irak vom Jahr 2000 an Schmiergelder von zehn und mehr Prozent für Verträge über den Kauf von Öl und die Lieferung humanitärer sowie technischer Güter verlangte. "Der Grundfehler war, daß sich Bagdad seine Geschäftspartner selbst aussuchen konnte", stellte Volcker vor der Presse fest. Die illegalen Aufpreise für das irakische Öl brachten Saddam Hussein insgesamt 1,8 Milliarden Dollar ein. Von den Lieferanten humanitärer Güter ließ sich der irakische Diktator vor Beginn des zweiten Irak-Kriegs im Frühjahr 2003 weitere 1,5 Milliarden Dollar zahlen. Zudem habe er rund elf Milliarden Dollar Gewinn mit illegalem Öl-Schmuggel gemacht, heißt es im Bericht.


Der Vorsitzende der UN-Komission Paul Volcker erhob schwere Vorwürfe gegen die Vereinten Nationen, die das Hilfsprogramm organisiert und kontrolliert hatten. "Ihr Versagen ist klar erkennbar". Auf die Warnungen von Aufsehern vor Ort hätte das UN-Sekretariat unter Kofi Annan selten reagiert. Ebenso versagt habe der Weltsicherheitsrat, der die Abwicklung des Programms in seinem Sanktionskomitee überprüfte. Von den 4.500 internationalen Unternehmen des Irak-Programms war demnach mehr als die Hälfte in illegale Aktivitäten verwickelt.


Mehr jedoch wiegt der Vorwurf, der gegen die Regierungen der 66 Staaten zu erheben ist, die nichts unternahmen, um die Korruption unterbinden. Auch unter "Rot-Grün" war die Zahlung von Schmiergeldern im Ausland bis vor kurzem nicht strafbar, ja die Schmiergeld-Zahlungen konnten sogar von der Steuer abgesetzt werden. 



Artikel im 'Guardian' vom 29.11.2001


Ein Volk in Geiselhaft


Hans von Sponeck
und Denis Halliday 


über die US-Politik gegenüber dem Irakischen Volk


In der US-Politik gegenüber dem Irak vollzieht sich ein bedeutender Wandel. Offensichtlich möchte Washington die elf Jahre dauernde Embargo-Politik gegenüber dem irakischen Regime beenden, um stattdessen den  gewaltsamen Sturz Saddam Husseins und seiner Regierung zu betreiben.

Die gegenwärtige Politik wirtschaftlicher Sanktionen hat die irakische Gesellschaft zerstört und den Tod von Tausenden, Jungen wie Alten, verursacht. Das belegen täglich Berichte von angesehenen  internationalen Organisationen wie der Caritas, Unicef und Save the Children. Eine Hinwendung zu einer Politik des gewaltsamen Umsturzes wird dieses Leiden vergrößern.


Die Erfinder dieser Politik dürfen nicht länger davon ausgehen, daß sie die Wähler zufrieden stellen, indem sie diejenigen mit Verachtung strafen, die ihnen entgegentreten. Das Problem liegt nicht darin, daß die Öffentlichkeit nicht fähig wäre, die Zusammenhänge zu verstehen, wie die frühere amerikanische Außenministerin Madeleine Albright es gerne darstellt. Das Gegenteil ist der Fall. Die größeren Zusammenhänge, die versteckte Zielsetzung, wird von den einfachen Bürgern sehr wohl verstanden. Wir sollten Henry Kissingers brutal offenes Eingeständnis nicht vergessen, dass "Öl ein viel zu wichtiges Gut ist, um es in den Händen der Araber zu belassen."


Wie lange noch dürfen demokratisch gewählte Regierungen hoffen, ungestraft eine Politik zu rechtfertigen, die das irakische Volk für etwas bestraft, das es nicht getan hat, indem Wirtschaftssanktionen verhängt werden in der Hoffnung, daß die Überlebenden das Regime stürzen werden? Müssen sich nur die Verlierer an das internationale Recht halten? Dient der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nur den Mächtigen?


Großbritannien und die USA als ständige Mitglieder des Sicherheitsrates sind sich bewußt, daß das UN-Embargo gegen UN-Konventionen über die Menschenrechte, die Genfer und die Hager Konvention, und gegen andere internationale Gesetze verstößt. Man muß nicht anti-britisch oder anti-amerikanisch eingestellt sein, um darauf hinzuweisen, daß Washington und London in den letzten zehn Jahren dazu beigetragen haben, der Geschichte vermeidbarer Tragödien ein irakisches Kapitel hinzuzufügen.


Großbritannien und die USA haben seit dem Sieg im Golfkrieg von 1991 bewußt eine Politik der Bestrafung verfolgt. Die Regierungen der beiden Staaten haben sich immer wieder dagegen gestellt, daß der UN-Sicherheitsrat seinen Mandats-Verpflichtungen nachkommen konnte, die Auswirkungen der Sanktionspolitik auf die Zivilbevölkerung zu überprüfen. Wir wissen das aus erster Hand, weil die Regierungen wiederholt versucht haben, uns davon abzuhalten, den Sicherheitsrat darüber zu informieren. Die kläglichen jährlichen Begrenzungen von weniger als 170 Dollar pro Person für humanitäre Versorgung, die von ihnen während der ersten drei Jahre des Öl-für-Nahrungsmittel- Programms festgesetzt wurden, sind ein Beleg für solch eine Politik. 


Wir haben die Auswirkungen vor Ort gesehen und können nicht verstehen, wie der amerikanische Botschafter, James Cunningham, seinerzeit seinen Kollegen in die Augen sehen konnte, als er sagte: "Wir (die amerikanische Regierung) sind überzeugt, daß das Öl-für-Nahrungsmittel- Programm die Bedürfnisse des irakischen Volkes deckt." Neben der Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten geht es heute darum, daß die Einnahmen aus irakischen Ölverkäufen in den Wiederaufbau der zivilen Infrastruktur investiert werden müssen, die im Golfkrieg zerstört wurde.


Obwohl die erlaubten Öl-Einnahmen völlig unzureichend sind, auch nur die Minimalbedürfnisse der irakischen Bevölkerung zu decken, wurden 30 Cents (nun 25) jedes Dollars, der für irakisches Öl von 1996 bis 2000 eingenommen wurde, durch den UN-Sicherheitsrat abgeführt, auf Geheiß der britischen und amerikanischen Regierung, um Außenstehende für Verluste zu entschädigen, die durch die irakische Invasion von Kuwait angeblich entstanden waren. Wenn dieses Geld den Irakern zur Verfügung gestellt worden wäre, hätten viele Menschenleben gerettet werden können.


Es ist eine unbequeme Wahrheit, daß der Westen das irakische Volk als Geisel genommen hat, um sich Saddam Husseins Fügsamkeit gegenüber sich ständig verändernden Forderungen zu sichern. Der UN-Generalsekretär, der sich gerne als Vermittler betätigen würde, ist von den Regierungen Großbritanniens und den USA wiederholt daran gehindert worden, diese Rolle einzunehmen.


Die Ungenauigkeit der UN-Sanktionen gegen den Irak - von Großbritannien und den USA als "konstruktive Mehr- deutigkeit" definiert - wird von beiden Regierungen als nützliches Instrument gesehen im Umgang mit dieser Art von Konflikt. Großbritannien und die USA weisen Kritik zurück, indem sie erklären, das irakische Volk würde von Bagdad bestraft. Wenn das wahr ist, warum bestrafen wir es noch zusätzlich?


Der jüngste Bericht des UN-Generalsekretärs vom Oktober 2001 besagt, daß die britische und amerikanische Regierung vier Milliarden Dollar an humanitärer Hilfe blockieren und daß dies bei weitem die größte Behinderung für die Durchführung des Öl-für-Nahrungsmittel-Programms darstellt. Der Bericht führt weiter aus, daß, im Gegensatz dazu, die irakische Regierung ausreichend humanitäre Hilfe verteilt (das war in der Tat der Fall, während wir dieses Programm leiteten). Der Tod von 5.000 bis 6.000 Kindern pro Monat ist hauptsächlich verursacht durch verseuchtes Trinkwasser, das Fehlen von Medikamenten und Unterernährung. Schuld an dieser Tragödie ist nicht Bagdad, sondern die von den Regierungen Großbritanniens und den USA verzögerte Freigabe von Ausrüstung und Material.


Die Erwartung eines US-Angriffs auf den Irak erzeugt keine Bedingungen im Sicherheitsrat, die  einer Diskussion über die Zukunft der Wirtschaftssanktionen förderlich wären. Der dieses Jahr von Großbritannien eingebrachte Vorschlag "intelligenter Sanktionen" wird nicht wieder aufgegriffen werden. Zu viele Menschen sehen ein, daß das, was oberflächlich wie eine Verbesserung für die Zivilbevölkerung aussah, in Wirklichkeit ein Versuch ist, die Brückenköpfe der existierenden Sanktionspolitik zu erhalten: keine ausländischen Investitionen und keine Rechte für die Iraker, ihre eigenen Öleinnahmen zu verwalten.


Der Vorschlag beinhaltete, die irakischen Grenzen abzuriegeln und das irakische Volk zu strangulieren. Im gegenwärtigen politischen Klima wird eine technische Ausweitung der aktuellen Bedingungen von Washington als der zweckdienlichste Schritt angesehen. Daß dies noch mehr Iraker zum Tod und zur Verelendung verurteilt, wird als unvermeidbar abgetan.


Was wir beide hier beschreiben ist keine Spekulation. Es sind unbestreitbare Fakten, die wir als frühere Insider kennen. Wir sind empört, daß das irakische Volk weiterhin gezwungen wird, den Preis für lukrativen Waffenhandel und Machtpolitik zu bezahlen. Wir fühlen uns an Martin Luther Kings Worte erinnert: "Es kommt eine Zeit, in der Schweigen Verrat ist. Diese Zeit ist jetzt."


Wir wollen Menschen, egal wo sie leben, ermutigen, gegen skrupellose Politik zu protestieren und gegen die entsetzliche Fehlinformation über den Irak, die von denen verbreitet wird, die es besser wissen müßten, aber gewillt sind, mit falschen und bösartigen Argumenten Menschenleben zu opfern.


Das amerikanische Verteidigungsministerium und Richard Butler, der frühere Leiter der UN-Waffeninspekteure in Bagdad, hätten es gerne gesehen, wenn der Irak hinter den Milzbrand-Anschlägen gestanden wäre. Aber sie mußten erkennen, daß diese ihren Ursprung in  den USA hatten.


Britische und amerikanische Geheimdienste wissen sehr wohl, daß der Irak qualitativ entwaffnet ist, und sie haben nicht vergessen, daß der scheidende Verteidigungsminister, William Powell, dem kommenden Präsidenten George Bush im Januar mitgeteilt hatte: "Der Irak stellt für seine Nachbarn keine militärische Bedrohung mehr dar." Dieselbe Botschaft ist von früheren UN-Waffeninspekteuren ausgegangen. Aber dies zuzugeben würde bedeuten, die gesamte UN-Politik, wie sie von der britischen und der amerikanischen Regierung entwickelt und aufrechterhalten wurde, in Frage zu stellen.


Wir sind entsetzt über die Aussicht eines neuen, von den USA angeführten Kriegs gegen den Irak. Die Implikationen eines "finishing unfinished business" im Irak sind zu ernst, als daß die Weltgemeinschaft sie ignorieren dürfte. Wir hoffen, dass die Warnungen von Führern aus dem Mittleren Osten und von uns allen, die wir uns für die Menschenrechte einsetzen, von der US-Regierung nicht ignoriert werden. Was im Moment am dringendsten gebraucht wird, ist ein Angriff gegen die Ungerechtigkeit, nicht gegen das irakische Volk.

 

 Hans von Sponeck war von 1998 bis 2000 humanitärer Koordinator der UNO im Irak; Denis Halliday hatte denselben Posten von 1997 bis 1998 inne. 


---