Arthur Schopenhauer - Parerga und Paralipomena - eine Analyse


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"... the world population can exceed easily 8 billion by the year 2020. This was a major subject of discussion at the conference in Rio de Janeiro on the environment two years ago. It was pointed out at the conference that growth is most efficiently managed by the private sector, but regulation of the process by national governments and international bodies is also needed. And once again, United Nations can certainly be among the catalysts and coordinators of this process.”

 - David Rockefeller, Annual UN Ambassadors' Dinner Sep. 14, 1994





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Immanuel Kant


Johann Wolfgang von Goethe 





Wenn man sich in der Welt umschaut, stellt man fest, dass jeder einzelne Fortschritt des menschlichen Empfindens, jede Verbesserung im Strafrecht, jeder Schritt zur Verringerung des Krieges, jeder Schritt zur besseren Behandlung der farbigen Rassen oder sogar zur Abschaffung der Sklaverei, jeder moralische Fortschritt, den es in der Welt gegeben hat, von den organisierten Kirchen der Welt konsequent bekämpft wurde. Ich sage ganz bewusst, dass die christliche Religion, so wie sie in ihren Kirchen organisiert ist, der Hauptfeind des moralischen Fortschritts in der Welt gewesen ist und immer noch ist.


- Bertrand Russell 

"Warum ich kein Christ bin" (1927)





Ich behaupte nicht, dass ich beweisen kann, dass es keinen Gott gibt. Ich kann auch nicht beweisen, dass Satan eine Fiktion ist. Der christliche Gott mag existieren, ebenso wie die Götter des Olymps, des alten Ägyptens oder Babylons. Aber keine dieser Hypothesen ist wahrscheinlicher als eine andere: Sie liegen außerhalb des Bereichs des wahrscheinlichen Wissens, und deshalb gibt es keinen Grund, eine von ihnen in Betracht zu ziehen.


Bertrand Russell





Einer der schwerwiegendsten Fehler (Schwächen) der Religion ist die Tatsache, dass sie dazu benutzt werden kann, die Armen mit ihrem Los zufrieden zu stellen, was den Reichen sehr gelegen kommt. (,...was für die Reichen sehr praktisch ist,...)


Bertrand Russell





Die Angst,ist die Hauptquelle des Aberglaubens und eine der Hauptquellen der Grausamkeit. Die Angst zu überwinden ist der Beginn der Weisheit.


Bertrand Russell




 

Der Feind ist die Angst. Wir denken, es sei Hass, aber es ist Angst.

 

Realängste in Binnenängste transformieren; also Aussenfurcht in Binnenangst verwandeln. Ziel politischer Angsterzeugung ist: Realängste in neurotische Ängste zu transformieren. (nicht objektbezogen) 


Prof. Dr. Rainer Mausfeld




Prof. Dr. Rainer Mausfeld / Franz Neumann 1954, Politologe, Angst & Politik -

- "Systematischer Transformationsprozesss -






Die Aphorismen zur Lebensweisheit sind im ersten Band eines Buches enthalten, das 1851, also 32 Jahre nach Schopenhauers Hauptwerk, veröffentlicht wurde. Es trägt den heute etwas umständlich erscheinenden Titel Parerga und Paralipomena (Nebenarbeiten und Nachgebliebenes). Schopenhauer bot das Manuskript der “Parerga” dem Verleger Brockhaus mit dem Hinweis an, dass dieses Werk seine vermischten philosophischen Schriften “vollendet” hätte, 


Zitat: “Ich habe  darin alle Gedanken niedergelegt, die in meinen systematischen Werken keine Stelle finden konnten. Daher ist auch dieses, seinem größten Theile nach, ungleich populärer, als alles Bisherige ...”. 


Es ist natürlich so, dass in Parerga und Paralipomena (und in der Schopenhauer - Darwinischen - "Weiber" - Analyse) gewisse Stereotype, Vorurteile und auch unfaire Diffamierungen veröffentlicht wurden; das war eben das Bild der Wissenschaft seinerzeit. 


Nicht wirklich verwunderlich, denn erst 1827 wurde die weibliche Eizelle durch Karl Ernst von Baer, einem Zoologen wohlgemerkt, entdeckt. Das heutige "Bild" hat sich tatsächlich gewandelt und der etablierte Feminismus (Rockefeller, New York) hat einige Attitüden kontinuierlich verstärkt. 



"Der grundlegende Fehler des weiblichen Charakters ist der Mangel an Gerechtigkeitssinn. Er entsteht in erster Linie durch ihren Mangel an Vernunft und Reflexionsvermögen, wird aber noch dadurch verstärkt, dass sie als schwächeres Geschlecht gezwungen sind, sich nicht auf Gewalt, sondern auf List zu verlassen: daher ihre instinktive Schlauheit und ihre unausrottbare Neigung zur Lüge: 


Denn wie die Natur den Löwen mit Klauen und Zähnen, den Elefanten mit Stoßzähnen, das Wildschwein mit Reißzähnen, den Stier mit Hörnern und den Tintenfisch mit Tinte ausgestattet hat, so hat sie die Frau mit der Kraft der Verstellung als Angriffs- und Verteidigungsmittel ausgestattet und in diese Gabe all die Kraft verwandelt, die sie dem Mann in Form von Körperkraft und Denkvermögen verliehen hat."


"Die Verstellung ist ihr also angeboren und folglich bei der naiven Frau fast ebenso häufig zu finden wie bei der klugen. Bei jeder Gelegenheit davon Gebrauch zu machen, ist für sie so natürlich wie für ein Tier, das seine Verteidigungsmittel einsetzt, wenn es angegriffen wird, und wenn sie das tut, hat sie das Gefühl, dass sie in gewisser Weise nur ihr Recht ausübt. 


Eine völlig wahrheitsgetreue Frau, die keine Verstellung praktiziert, ist womöglich ein Ding der Unmöglichkeit, weshalb die Frauen die Verstellung anderer so leicht durchschauen und es nicht unbedingt ratsam ist, es bei ihnen zu versuchen. - Aber dieser grundlegende Fehler, den ich gesagt habe, und alles, was damit zusammenhängt, führt zu Falschheit, Untreue, Verrat, Undankbarkeit usw. Frauen machen sich viel häufiger des Meineids schuldig als Männer. Es ist fraglich, ob es ihnen überhaupt erlaubt sein sollte, einen Eid abzulegen."


― Arthur Schopenhauer, Über die " Weiber "    



Conclusio: 

Einiges was damals geschrieben wurde, ist heute definitv noch zutreffend. Aber zum Teil klingen natürlich auch Vorurteile durch und sind manche Dinge überholt. 


Dennoch bleibt festzustellen, dass gewisse Kernthesen und Beobachtungen, die Arthur Schopenhauer als Philosoph, Charles Darwin als Evolutionsforscher erkannt und formuliert haben, heute wie damals zutreffend sind. 


Inakzeptabel sind und waren selbstverständlich Vorurteile, welche der Frau eine gleichberechtigte Rolle innerhalb unserer Gesellschaft aberkannt haben. Gleichberechtigung bedeutet aber mitnichten Gleichstellung! Die gibt es nur unter Regenwürmern. Der Feminismus jedenfalls (Von den Rockefellers, New York, USA etabliert) hatte einen massiven Anstieg von narzisstischen Persönlichkeitsstörungen vor allem bei Frauen zur Folge. (NPS) 


Mangel an Empathie, Überschätzung der eigenen Fähigkeiten (Eintritt in typische Männerdomänen) ein gesteigertes (übersteigertes) Verlangen nach Anerkennung und ein ausgeprägtes übersteigertes Selbstwertgefühl, das sich in der persönlichen Herabsetzung des Gegenübers manifestiert sind heute vielfach gelebte Realität. Narzissmus muss nicht eine patholoische Form annehmen; vielmehr haben sich im Zuge des Feminismus diverse Verhaltenszüge gesellschaftlich etabliert. (Hohe Scheidungsraten: in Deutschland hält eine Ehe im Schnitt nur 4 Jahre) Die starke Anspruchshaltung von Menschen mit narzisstischen Charakterzügen, in Zusammenhang mit der Überidealisierung des eigenen Selbst, geht zu Lasten ihrer Partner.


Der Feminismus etwa hat als Bewegung begonnen, der es um Chancengleichheit ging – eine tolle Sache. Selbstverständlich sollen Männer und Frauen vor dem Gesetz gleich behandelt werden. Es darf keine institutionelle Frauenfeindlichkeit geben. Und dem würden heute ja auch die meisten Menschen zustimmen.



Das Problem besteht darin, dass radikale Feministen, bei der Verfolgung ihres Ziels, die Biologie leugnen. Sie lehnen die Möglichkeit ab, dass Männer und Frauen zwar unterschiedlich, aber dennoch vor dem Gesetz gleich sein könnten. Sie argumentieren letztlich für Ununterscheidbarkeit. In anderen Worten: Männer und Frauen sind, wenn überhaupt, nur aufgrund sozialer Konstruktion verschieden.



Es heißt dann: "Wagt es nicht zu sagen, dass es evolutionäre Gründe gibt, warum Geschlechtsunterschiede zwischen Männern und Frauen bestehen. Sie müssen ein Nazi sein, wenn Sie das denken.“



Im Zuge der Verfolgung eines ursprünglich höheren Ziels, hat sich der Feminismus in eine unästhetische Absurdität (Dummheit) verwandelt.



An welchem Punkt wird relativistisches Denken problematisch?


Bereits in der Erkenntnistheorie. Denn philosophisch müssen wir wiederkehrende statistische Regelmäßigkeiten in der Welt annehmen, wenn wir an empirischem Wissen festhalten wollen. Was keineswegs bedeutet, dass in der Wissenschaft Sachverhalte, die man für gegeben angesehen hat, dies auch für alle Zeiten sind. Was vor 300 Jahren für wahr gehalten wurde, hält man heute vielleicht nicht mehr für wahr. 



Wir haben es mit vorläufigen Wahrheiten zu tun, glauben aber daran, dass Wahrheit an sich existiert. Die Postmoderne geht dagegen davon aus, dass es absolut keine Wahrheiten gibt, denn von Objektivität zu sprechen, setzt angeblich voraus, dass Menschen nicht voreingenommen, nicht an ihre Subjektivität gekettet sind. Postmoderne Denker lehnen auch menschliche Universalien ab. Jede Kultur, so die Behauptung, ist ihre eigene Oase.



In dieser Form hat sich die Postmoderne im Laufe der letzten 40, 50 Jahre als akademische Strömung entwickelt. Hauptverantwortlich war hier die, wie wir sie nennen, Dreifaltigkeit der französischen Schwätzer:  Jacques Lacan, Michel Foucault und Jacques Derrida.


Man muss sich daher fragen: 


Könnte der Siegeszug postmoderner Ansichten aus einer Angst vor dem Wissen herrühren? 


Zumindest aus einer Angst vor der Rigidität, die in der Feststellung liegt, dass etwas entweder wahr ist oder nicht. 


Zum Beispiel: 


Wer Mathematik studiert hat der weiß, wenn es einen Bereich gibt, der völlig unempfindlich gegenüber dem Relativismus ist, dann dieser. Die Mathematik zeigt sich in Identitätsfragen resistent. Die Verteilung der Primzahlen ist die Verteilung der Primzahlen – egal, ob man sich nun als Transgender - Person betrachtet oder nicht … 


Das sehen manche mittlerweile anders, . . .


Die Realität wurde durch die Satire eingeholt. Es fühlt sich für viele Menschen befreiend an, davon auszugehen, dass absolut nichts rigide ist. Hey, meine Genitalien bestimmen nicht meine Identität – ich bin, was ich fühle! 


Ideen - Pathogene "befreien uns" von den lästigen Fesseln, die uns die Wirklichkeit anlegt.


Das evolutionsbiologische Faktum lautet indes:


"Wir stammen alle aus einem Präkambrischen Urbilaterium ab, und dieser Urwurm in uns war Regenwurm ähnlich"


Das Gender Paradoxon - Gender-Mainstreaming (LINK)



Ich will nicht an dieses Ding namens objektive Wahrheit gekettet sein, ich möchte mich von allen biologischen Imperativen befreien – also mache ich mir Ideen zu eigen, die mich jeder Zeit alles sein lassen können. Anders gewendet: Es gibt nur meine Wahrheit. Was an Arroganz eigentlich kaum zu überbieten ist. 


Und aus dem identitätspolitischen Blickwinkel sind wir keine Individuen, sondern bloß unbedeutend kleine Teile einer größeren Gruppe.




Während das Prinzip des Gender Mainstreamings als Leitprinzip auf allen Ebenen der Politik eingeführt wurde, berichteten nur sehr wenige über die Thesen dieser Ideologie. 


https://www.dijg.de/gender-mainstreaming/dale-o-leary-agenda-konzept-hintergrund/


Vornehmlich waren es konservative und christliche Glaubensanhänger, die darin eine Gefahr für die gelebten Werte und der Familie sahen. Sie hatten Recht in ihrer Kritik, übten diese jedoch von einem dogmatischen bzw. religiösen Fundament aus und wurden so selbst Zielscheibe der Kritik von Gender-Befürwortern. 


Erst Irenäus Eibl-Eibesfeldt und Ulrich Kutschera näherten sich dieser gesellschaftspolitischen Diskussion von einem wissenschaftlich-biologischen Standpunkt aus.


„Die Gender-Wissenschaft ist eine politische Ideologie.“ Mann und Frau sind nicht gleich und können von der Politik demzufolge auch nicht gleich gemacht werden. Das unterschiedliche Handeln und Denken von Männern und Frauen ist nicht in erster Linie das Produkt von Erziehung, wie es die Moneyistische Ideologie (John Money, USA) vorsieht, sondern das Ergebnis ihrer unterschiedlichen Biologie.


Prof. Dr. Ulrich Kutschera ist Evolutionsbiologe und Physiologe aus Freiburg i. B. Er war lange Zeit an deutschen Universitäten tätig und hat zahlreiche Forschungsarbeiten zur Biologie und Evolution von Bakterien veröffentlicht. Seit 2007 arbeitet er als Visiting Scientist in Palo Alto, Kalifornien, USA. 


2019 erschien das Fachbuch „Physiologie der Pflanzen. Sensible Gewächse in Aktion.“ Und 2020 sein Sachbuch „Klimawandel im Notstandsland - Biologische Realitäten widerlegen Politische Utopien“ 




„Das Geschlecht ist in jeder einzelnen Zelle des Körpers eingeschrieben“, erklärt Prof. Kutschera. Wir können unserer Natur nicht entkommen. Kulturelle Faktoren wie Erziehung, das Lebensumfeld und die Gewohnheit dürfen selbstverständlich nicht vernachlässigt werden. Doch eine Theorie, die die Geschlechtlichkeit der Menschen in erster Linie als sozial konstruiert sieht, verläßt den Boden seriöser Wissenschaft.




https://biology.mit.edu/profile/david-c-page/



Copyright: David C. Page, 2013 Stanford University, Kalifornien


https://www.researchgate.net/profile/David-Page-13


https://www.researchgate.net/institution/Massachusetts-Institute-of-Technology



Nicht durch sein philosophisch tiefgründiges Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung, sondern durch seine ganz anders gearteten, erst 1851 erschienenen  Aphorismen zur Lebensweisheit (> Inhaltsverzeichnis) wurde Arthur Schopenhauer zu einem in der Öffentlichkeit weithin bekannten Philosophen.

                            

Während sein Hauptwerk eine dem > Buddhismus und den  > Upanishaden vergleichbare Erlösungslehre enthält, bei der es um die Überwindung unserer leidvollen Welt durch Verneinung des metaphysischen >Willens, der sich im  Willen zum Leben  äußert, geht, versetzte sich Schopenhauer in seinen Aphorismen in die Lage eines “normalen” Menschen, der das Leben bejaht und nicht das asketische Leben eines Heiligen führen kann und will. 

                            

Bereits in der Einleitung zu den Aphorismen wies Schopenhauer auf diesen fundamentalen Unterschied zu seinem Hauptwerk hin, denn die Lebensweisheit , wie sie in den Aphorismen zum Ausdruck kommt, sei  die Kunst, das Leben möglichst angenehm und glücklich durchzuführen. In diesem Sinne könne man seine Aphorismen als “Eudämonologie”, also die Lehre zu einem glücklichen Dasein, bezeichnen.



Schopenhauer hatte RechtVor allem durch die Aphorismen wurde dieses Werk weitaus populärer als sein Hauptwerk. Doch zunächst hatte Schopenhauer hiervon keinen Nutzen. Da sein ebenfalls bei Brockhaus verlegtes Hauptwerk im Lauf der bis dahin vergangenen 30 Jahre kaum nachgefragt wurde, lehnte es Brockhaus ab, für die Parerga und somit auch für die Aphorismen ein Honorar zu zahlen. 


So musste Schopenhauer ihm sein Manuskript gratis (!) anbieten: “ Wenn Sie (Brockhaus) es da nicht nehmen, begehn Sie einen Fehler. Denn Sie können nicht dabei verlieren, wohl aber viel gewinnen. Denken Sie von mir was Sie wollen: ich sage, daß meine Schriften das Beste sind, was das Jahrhundert gebracht hat, und bin nicht der Einzige, der es sagt. Wenn nur ein Mal der passive Widerstand der Philosophieprofessorengilde gebrochen ist, werden alle meine Werke noch oft gedruckt werden. Zudem nun aber ist das in Rede stehende bei Weitem das populärste, gewissermaßen mein ´ Philosoph für die Welt ` ...”(3)

                            

Zweifellos, die Aphorismen zur Lebensweisheit sind das Populärste von Schopenhauers Schriften und mit seiner Lebensphilosophie ist er selbst ein Philosoph für die Welt. Inzwischen sind viele besondere Ausgaben der Aphorismen erschienen. In einer dieser Ausgaben heißt es: “ Der große deutsche Philosoph (Schopenhauer) ... verbindet darin (in den Aphorismen) Menschenkenntnis und Weltklugheit, persönliches Bekenntnis und eigenstes Erleben. Seine Aphorismen sind bedeutend nicht nur in ihrem Inhalt, sondern meisterhaft auch in ihrer glänzenden stilistischen Form.”(4) 

                            

Ganz im obigen Sinne wird in einer anderen Ausgabe festgestellt, dass in den Aphorismen zur Lebensweisheit “Schopenhauers philosophischer Stil, der auf Prägnanz, Schlichtheit und unmittelbare Verständlichkeit zielt, seine Vollendung erreicht” habe.(5) Solche und ähnliche Urteile lassen sich nicht als bloße Verlagswerbung abtun, denn sie werden vielfach von sachkundiger Seite bestätigt. So bezeichnete Walter Abendroth in seiner Schopenhauer-Biografie im Zusammenhang mit den Aphorismen Arthur Schopenhauer als “Weisheitslehrer”, der “seinen Vortrag mit einer besonderen Fülle geistreicher Formulierungen voller Saft und Kraft, Bildhaftigkeit und Einprägsamkeit, Witz, Ironie und sublimer Boshaftigkeit würzt. Das alles macht die Lektüre dieser ´Aphorismen` zu einem unvergleichlichen intellektuellen Vergnügen.”(6) Doch, wie der Verfasser dieser Webseite aus eigener Erfahrung weiß, kann der Leser in Schopenhauers Aphorismen nicht nur “intellektuelles Vergnügen”  finden, sondern auch das, was wohl noch wichtiger ist: Weisheitslehre als Lebenshilfe in dieser leidvollen Welt!



Anmerkungen

                            

(1) Arthur Schopenhauer, Werke in zehn Bänden,
Band VIII: Parerga und Paralipomena I /

Aphorismen zur Lebensweisheit, Zürich 1977, S. 343.

(2) Brief Schopenhauers an Brockhaus vom 6. Juni 1850,
in: Arthur Schopenhauer, Gesammelte Briefe,
hrsg. v. Arthur Hübscher, 2. Aufl., Bonn 1987, S. 242.
(3) Brief Schopenhauers an Brockhaus vom 3. Sept. 1850,
a. a. O., S. 244.
(4) Arthur Schopenhauer, Aphorismen zur Lebensweisheit,
ausgew. und hrsg. v. Ernst M. Frank, München 1986,
Buchdeckel, letzte Seite.
(5) Arthur Schopenhauer, Aphorismen zur Lebensweisheit,
hrsg. v. Rudolf Marx, 15. Aufl. (Ndr.), Stuttgart 1990,
Schutzumschlag, 1. Innenseite.
(6) Arthur Schopenhauer in Selbstzeugnissen und
Bilddokumenten - dargestellt von Walter Abendroth,
 Reinbek bei Hamburg 1967 (Ausg. 1971), S. 103. 



Arthur Schopenhauers Philosophie 


Der folgende Überblick beginnt mit einem Auszug aus dem Schopenhauer-Artikel im Philosophischen Wörterbuch (10. Aufl., Stuttgart 1943, S. 513 ff.). Er wurde ausgewählt, weil in ihm m. E. kurz und gut verständlich die wesentlichen Aspekte der Philosophie  von Arthur Schopenhauer  dargestellt sind. Trotz des Erscheinungsjahres (1943) enthält der Schopenhauer-Artikel mit Ausnahme eines


Rosenberg-Zitats keine Aussagen, die man als nationalsozialistisch werten könnte. Alfred Rosenberg war bekanntlich ein führender nationalsozialistischer Ideologe und Antisemit. Das kommt auch in diesem Zitat zum Ausdruck, das deshalb aus verständlichen Gründen hier fortgelassen wurde. 


Es wäre auch grundfalsch und Schopenhauer gegenüber ein großes Unrecht, ihn in irgendeiner Weise mit der nationalsozialistischen Ideologie in Verbindung zu bringen. Arthur Schopenhauer lebte zwar im 19. Jahrhundert, dennoch ist er ein Philosoph unserer Zeit, ja der Zukunft. Schopenhauer ist aktuell und doch jenseits allen modischen Zeitgeistes.

Thomas Mann und Max Horkheimer wussten das und viele andere, die sich heute ernsthaft mit Schopenhauer befassen, können das erneut bestätigen.

 

Der nachstehende Auszug ist ein Beispiel für die Schopenhauer-Darstellung in einem philosophischen Nachschlagewerk, das zu seiner Zeit  verhältnismäßig weit verbreitet war und dementsprechend mit dazu beigetragen hatte, das Schopenhauer-Bild bis in die Nachkriegszeit hinein zu prägen. Noch die 1978 erschienene neu bearbeitete 21. Auflage des Philosophischen Wörterbuches stimmt weitgehend mit der 10. Auflage von 1943, ja zum Teil sogar mit der von 1930 überein. Allein das zeigt, dass es sich hier um eine grundlegende Darstellung  handelt, die trotz aller politischen und gesellschaftlichen Umbrüche aktuell geblieben ist.

               

Im folgenden wurden zur besseren Bildschirm-Lesbarkeit der Text in Abschnitten unterteilt und einzelne Begriffe hervorgehoben. Jedoch Erklärungen und Überblicke ersetzen nicht das Studium der Werke Schopenhauers. Hierbei gilt der Rat, den Schopenhauer in der Vorrede zur ersten Auflage seines Hauptwerkes Die Welt als Wille und Vorstellung gab:  Das Buch zwei Mal zu lesen ...


Schopenhauer, ... Philosoph des All-Willens. Seine Philosophie geht von den beiden Sätzen aus: 1. die Welt ist an sich Wille, 2. die Welt ist für mich Vorstellung (vgl. den Titel des Hauptwerkes “Die Welt als Wille und Vorstellung”...). Alles, was für die Erkenntnis da ist, also diese ganze Welt, ist ein Objekt in Beziehung auf das Subjekt, ist Anschauung des Anschauenden, mit einem Wort: > Vorstellung. Also: kein Subjekt ohne Objekt, kein Objekt ohne Subjekt. Aber diese Erkenntnis genügt nach Schopenhauer nicht.

               

 Wir fragen, ob diese Welt nichts weiter als Vorstellung sei, und was, wenn sie noch etwas anderes ist. Wir erkennen nun: das als Individuum erscheinende Subjekt des Erkennens findet als sein innerstes Wesen den > Willen, und zwar aus der Erfahrung seines Leibes; er ist auf zwei ganz verschiedene Weisen gegeben; einmal als Vorstellung, als Objekt unter Objekten; sodann aber auch zugleich als jenes jedem unmittelbar Bekannte, welches das Wort Wille bezeichnet. 

               

Also: Der Leib ist die Objektivation des Willens; der Wille ist das An-sich des Leibes. Diese Erkenntnis ist der Schlüssel zum Wesen jeder Erscheinung in der Natur, indem wir annehmen, daß alle Objekte ihrem inneren Wesen nach dasselbe sein müssen, was wir an uns Wille nennen. > Der Wille ist das Ding an sich.

               

Die fortgesetzte Reflexion führt dahin, auch die Kraft, welche die Pflanze treibt und vegetiert, die Kraft, ... welche den Magnet zum Nordpol wendet..., ja zuletzt sogar die Schwere, welche in aller Materie so gewaltig strebt, den Stein zur Erde und die Erde zur Sonne zieht - diese alle in ihrem inneren Wesen zu erkennen. 

               

Zeit und Raum allein sind es, mittelst welcher das dem Wesen und Begriff nach Gleiche und Eine doch als verschieden, als Vielheit neben- und nacheinander erscheint: der Wille als das Ding an sich selbst liegt außer aller Zeit und allem Raum, wie auch außer aller Kausalität: er ist grundlos, ursachlos, aber er muß sich bei der Vereinzelung durch Raum und Zeit dem > Principium individuationis unterwerfen und wird dadurch Wille zum Leben. 

               

Die Stufen seiner (des Willens) Objektivation, von den allgemeinsten Kräften der Natur bis hinauf zum Tun des Menschen, sind Platons Ideen. Die durch Raum und Zeit bestimmten Objekte (Vorstellungen) betrachtet am Leitfaden der Kausalität die Wissen- schaft. Darüber hinaus vermag allein das Genie in der Kunst durch reine Kontemplation und ungewöhnliche Kraft der Phantasie die ewigen Ideen aufzufassen und darzustellen. Je nach dem Stoff, in dem dies geschieht, ist sie Poesie, bildende Kunst oder Musik. Letztere nimmt eine ganz besonders hohe Stellung ein, da sie nicht nur wie die anderen Kunst- gattungen die Ideen abbildet, sondern die unmittelbare Objektivation des Weltwillens in uns ist...

               

Rein an sich betrachtet ist der Wille erkenntnislos und nur blinder Drang; durch die von ihm geschaffene Welt erhält er die Erkenntnis von seinem Wollen und von dem, was er will; er erkennt sich als “ Wille zum Leben “. Aber alles Leben ist > Leiden.


Lebensphilosophie setzt Lebenserfahrung voraus. Eine solche Erfahrung, die später seine Philosophie zutiefst prägen sollte, hatte Arthur Schopenhauer bereits in jungen Jahren:

               

Zitat: " In meinem 17. Jahre, ohne alle gelehrte Schulbildung, wurde ich vom Jammer des Lebens so ergriffen, wie Buddha in seiner Jugend, als er Krankheit, Alter, Schmerz und Tod erblickte. Die Wahrheit, welche laut und deutlich aus der Welt sprach, überwand bald die auch mir einge- prägten jüdischen Dogmen, und mein Resultat war, daß diese Welt kein Werk eines allgütigen Wesens sein könnte",...


Schopenhauers Vergleich mit dem Buddha ist durchaus angebracht. Auch in der Lehre des Buddha ist die Erfahrung des Leides von zentraler Bedeutung. 


Die "Vier Edlen Wahrheiten" des Buddha beginnen mit der Wahrheit vom Leiden. Ohne deren Erkenntnis sind die buddhistische Lehre wie auch die Philosophie Schopenhauers nicht in ihrer vollen Bedeutung zu verstehen. Schopenhauers Philosophie und, noch deutlicher, der Buddhismus sind in ihrem Kern Erlösungslehren, was voraussetzt, dass diese Welt als leidvoll erkannt wird. 

               

Eindrucksvoll, wie kaum ein anderer in deutscher Sprache, hat Arthur Schopenhauer das Leid der Welt beschrieben: 

               

   Wenn man den verstocktesten Optimisten durch die Krankenhospitäler, Lazarette und chirurgischen Marterkammern, durch die Gefängnisse, Folterkammern und Sklavenställe, über Schlachtfelder und Gerichtsstätten führen, dann alle die finstern Behausungen des Elends, wo es  sich vor den Blicken kalter Neugierde verkriecht, ihm öffnen und zum Schluß ihn in den Hunger turm des Ugolino blicken lassen wollte, so würde sicherlich auch er zuletzt einsehn, welcher Art ... [diese beste aller Welten] ist. Woher denn anders hat Dante den Stoff zu seiner "Hölle" genommen als aus dieser unserer wirklichen Welt? (2)

               

Dem Einwand, dass das Leben nicht nur Leid, sondern auch Glück bieten kann, begegnete Schopenhauer mit dem Zitat von Petrarca Tausend Genüsse sind nicht eine Qual wert, und er fügt hinzu: 

               

Denn, daß Tausende in Glück und Wonne gelebt hätten, höbe ja nie die Angst und Todesmarter eines Einzelnen auf: und eben so wenig macht mein gegenwärtiges Wohlsein meine früheren Leiden ungeschehn. 


Wenn daher des Übeln auch hundert Mal weniger auf der Welt wäre, als der Fall ist: so wäre dennoch das bloße Dasein desselben hinreichend, eine Wahrheit zu begründen, welche sich auf verschiedene Weise, wiewohl immer nur etwas indirekt ausdrücken läßt, nämlich, daß wir über das Dasein dieser Welt uns nicht zu freuen, vielmehr zu betrüben haben;. - daß ihr Nichtsein ihrem Dasein vorzuziehen wäre.(3)

               

Schopenhauer begnügte sich jedoch nicht damit, nur das Elend dieser Welt zu beklagen, sondern er fragte - wie der Buddha - nach dessen Ursachen. 


Anmerkungen

               

(1) Arthur Schopenhauer , HN IV (1), S. 96

               

(2) Arthur Schopenhauer , W I (§ 59), S. 406

               

(3) Arthur Schopenhauer , W II (Kap. 46), S. 674 f.


Bereits der Titel des Hauptwerks von Arthur Schopenhauer “Die Welt als Wille und Vorstellung” enthält die beiden zentralen Begriffe seiner Philosophie, nämlich “Wille” und “Vorstellung”. Schopenhauers Werk beginnt mit der fundamentalen Feststellung: 

                

 Die Welt ist meine Vorstellung - dies ist die Wahrheit,
welche in Beziehung auf jedes lebende und erkennende
           Wesen gilt... (1) 

                

Was Schopenhauer hier als “Wahrheit” bezeichnet ist jedoch für den “normalen” Menschen durchaus nicht selbstverständlich. Dieser glaubt vielmehr, dass das, was er sieht, hört oder sonst mit seinen Sinnesorganen von der Welt wahrnimmt, die volle Realität sei. Jedoch schon der altgriechische Philosoph Platon wusste, dass wir die Welt nicht so sehen, wie sie ist. (2) Kant, von dessen Philosophie Schopenhauer ausging, wies darauf hin, dass wir ein Ding nicht so sehen würden, wie es an sich ist, sondern nur so, wie es uns erscheint. Das Ding an sich könnten wir nicht erkennen.

                

So war es für Schopenhauer eine Tatsache, dass wir die Welt nur so sehen, wie wir sie uns vorstellen, ja dass sie für uns nur als Vorstellung da ist !  Wenn die Welt aber Vorstellung ist, dann muss es auch einen “Vorstellenden” geben. Dementsprechend ist nach Schopenhauer alles, was für die Erkenntniß da ist, also die ganze Welt, nur Objekt in Beziehung auf das Subjekt ist, Anschauung des Anschauenden, mit Einem Wort, Vorstellung.  

                

Schopenhauer hielt diese Aussage für eine Grundwahrheit, die schon früh von den Weisen Indiens erkannt worden sei, wobei er sich auf folgendes Zitat aus einer wissenschaftlichen Abhandlung  in den “Asiatic Researches”  (hier nur die deutsche Übersetzung) berief: 

                

Das Grunddogma der Vedantaschule bestand nicht im Ableugnen des Daseyns der Materie ... (welche zu leugnen Wahnsinn wäre), sondern in der Berichtigung des gewöhnlichen Begriffs derselben, durch die Behauptung, daß sie kein von der erkennenden Auffassung unabhängiges  Daseyn habe; indem Daseyn und Wahrnehmbarkeit Wechselbegriffe seien. (3) 

                

Die Welt ist unsere Vorstellung - diese Aussage ist zwar eine Wahrheit, aber ist sie die ganze  Wahrheit?  Ist die Welt nur eine bloße Vorstellung oder gibt es etwas, was  hinter der Vorstellung steht und wenn ja, was?  Schopenhauer beantwortet diese Fragen, indem er die vorgenannte Aussage entscheidend und für seine Philosophie fundamental ergänzt: 

                

durch eine Wahrheit, welche nicht so unmittelbar gewiß ist, wie die, von der wir hier ausgehn (Die Welt ist Vorstellung); sondern zu welcher nur tiefere Forschung, schwierige Abstraktion, Trennung von Verschiedenen und Vereinigung von Identischen führen kann, -  durch eine Wahrheit, welche sehr ernst und Jedem, wo nicht furchtbar, doch bedenklich seyn muß, nämlich diese, daß eben auch er sagen kann und sagen muß: “Die Welt ist mein Wille.” (4)

(1) Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung I,


Züricher Ausgabe, §1, S.29.
(2) Hierzu sei nur auf das berühmte Höhlengleichnis
(in Platons “Staat”, 7. Buch) verwiesen.

Platon und das HöhlengleichnisIm 7. Buch seines Dialogs Politeia ("Der Staat") beschreibt Platon mit dem Höhlengleichnis, welche Mühen es kostet, den Weg zur Wahrheit und zum wahrhaftigen Wissen zu beschreiten und welche inneren und äußeren Widerstände entstehen.
(3) Arthur Schopenhauer, a.a.O., S. 30.
(4) Ebd. 


Es genügt uns nicht zu wissen, dass wir Vorstellungen haben, vielmehr wollen wir, so betonte Schopenhauer, 

                

die Bedeutung jener Vorstellungen wissen: wir fragen, ob diese Welt nichts weiter, als Vorstellung sei; in welchem Falle sie wie ein wesenloser Traum, oder ein geisterhaftes Luftgebilde, an uns vorüberziehn müßte, nicht unserer Beachtung werth; oder aber ob sie noch etwas Anderes, noch etwas außerdem ist, und was dieses sei. Soviel ist gleich gewiß, daß dieses Nachgefragte etwas von der Vorstellung völlig und seinem ganzen Wesen nach Grundverschiedenes seyn muß... (1)  


       Der Wille - Das Ding an sich

            

Bereits vor Schopenhauer ging Kant davon aus, dass wir die Dinge nicht so sehen, wie sie “an sich”, also dass sie unabhängig von unserer Erkenntnis, sind, sondern nur so, wie sie uns erscheinen.  Wir können “von keinem Gegenstande als Dinge an sich selbst, sondern nur so fern es Objekt der sinnlichen Anschauung ist, d. i. als Erscheinung, Erkenntnis haben”. (1)  Somit waren für Kant, wie er in seiner “Kritik der reinen Vernunft” ausführlich begründete, die “Dinge an sich” unerkennbar. 

                

Auch Schopenhauer war davon überzeugt, dass es etwas gibt, was “an sich”, unabhängig davon, ob und wie wir es erkennen, existiert. Jede Erscheinung setzt ein Erscheinendes voraus. Wenn die Objekte nicht leere Phantome sein sollen, so muß ihnen ein Reales, ein “Ding an sich”  zu Grunde liegen: 

                

Das angeschaute Objekt aber muß etwas    an    sich    selbst    seyn  und nicht bloß   etwas     für  Andere    : denn sonst wäre es schlechthin nur Vorstellung, und wir hätten einen absoluten Idealismus, der am Ende theoretischer Egoismus würde, bei welchem alle Realität wegfällt und die Welt zum bloßen subjektiven Phantasma wird. (2)

                

Schopenhauer macht hier deutlich, dass nicht das Objekt der Anschauung, sondern das Ergebnis der Anschauung ein subjektives Gehirnphänomen ist. Auch wenn die Anschauung nur subjektiv ist, so bleibt doch das Angeschaute “an sich” real. Hieraus folgt:

                

(Kantens-) Ding an sich bedeutet das unabhängig von unsrer  Wahrnehmung Vorhandene, also das eigentlich Seiende. (3)

                

Schopenhauer schließt den Absatz, aus dem vorstehendes Zitat entnommen wurde, mit einer Feststellung, die für seine Philosophie von zentraler Bedeutung ist und weit über Kant hinausführt: 

                

Kanten war es (das Ding an sich) = x; mir  Wille . (4)   

                

Warum hatte Schopenhauer das “ Ding an sich ”, das Kant für unerkennbar hielt, Wille  genannt, und was bedeutet dieser  Wille ?

Anmerkungen

                

(1)  Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, BXXVI.

(2) Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung II,
Züricher Ausgabe, Kap.18, S. 226

(3) Arthur Schopenhauer, Parerga und Paralipomena II,
Züricher Ausgabe, Kap. 4, § 61, S.102.

(4) Ebd.



Das, was Kant das Ding an sich nannte, bezeichnete Arthur  Schopenhauer als Wille. Schopenhauer verwendete dieses Wort, weil sich dieser Wille am unmittelbarsten und deutlichsten äußert in dem, was im allgemeinen Sprachgebrauch unter Wille verstanden wird. So “borgte” er sich, “um als Verständigungspunkt zu dienen... unter allen Erscheinungen die vollkommenste, d. h. die deutlichste, am meisten entfaltete, vom Erkennen unmittelbar beleuchtete: diese aber eben ist des Menschen  Wille ”.(1)  

                

Dieser  letztgenannte Wille ist damit nur eine Erscheinungsform des Willens ; also des Dings an sich im Sinne Schopenhauers. Indem Schopenhauer den gemeinhin verwendeten Begriff  Wille entscheidend erweiterte, gab er durch diese doppeldeutige Begriffsverwendung immer wieder Anlaß zu grundlegenden Mißverständnissen seiner Philosophie. Schopenhauer war sich dessen durchaus bewusst, denn, wie er schrieb, es würde “in einem immerwährenden Mißverständnis befangen bleiben, wer nicht fähig wäre, die hier geforderte Erweiterung des Begriffs [Wille] zu vollziehn...”(2)

                

Die von Schopenhauer vorgenommene Begriffserweiterung wird auch darin deutlich, wie  er Wille und Kraft voneinander unterschied:

                

Bisher subsumirte man den Begriff  Wille  unter den Begriff  Kraft : dagegen mache ich es gerade umgekehrt und will jede Kraft in der Natur als Wille gedacht wissen. Man glaube ja nicht, daß dies Wortstreit oder gleichgültig sei: vielmehr ist es von der allerhöchsten Bedeutung und Wichtigkeit.(2)

                

Kraft, so betonte Schopenhauer, sei eine Erscheinungsform des Willens, des Dinges an sich. Daher beruhe der Wille nicht auf einer Kraft, sondern die Kraft auf dem Willen!

                

Der Wille, der als Kraft, Trieb oder Wille im gewöhnlichen Sinne “erscheint”, wurde so von Schopenhauer begrifflich in den Bereich des Metaphysischen erweitert. Da dieser Wille, das Ding an sich, für Schopenhauer das innere Wesen der Welt und aller ihrer Erscheinungen ist, enthält seine Philosophie in ihrem Kern einen metaphysischen Voluntarismus.(3)

                

Die Philosophie Schopenhauers erreichte (oder überschritt!) so die Grenze zur Metaphysik. Sie nahm dadurch, wie sich später bei einigen Verehrern Schopenhauers deutlich zeigte, gleichsam religiöse Züge an und kam mit der von ihr postulierten Möglichkeit  der Willensverneinung den Aussagen abendländischer Mystiker und östlicher Weisheitslehren nahe.

                

 

                

Anmerkungen

                

(1)  Arthur Schopenhauer, Zürcher Ausgabe, Werke in zehn Bänden, Band I, Die Welt als Wille und Vorstellung I, § 22, S. 155.

                

(2)  Ebd., S.156.

                

(3) Voluntarismus ist “diejenige Richtung der Metaphysik unter der Psychologie, die nicht den Intellekt, sondern den Willen psychologisch als Grundfunktion des seelischen Lebens, metaphysisch als das Grundprinzip oder Ansich des Seins betrachtet... Der klassische Philosoph des Voluntarismus ist Schopenhauer, für den der Wille das Grundprinzip aller Wirklichkeit ist”.
(Philosophisches Wörterbuch, 21. Aufl., Stuttgart 1982, S. 733)

         

Hierbei stand für Schopenhauer auch fest

                daß   von  außen   dem Wesen der Dinge nimmermehr beizukommen ist: wie immer man auch forschen mag, so gewinnt man nichts, als Bilder und Namen. Man gleicht Einem, der um ein Schloß herumgeht, vergeblich einen Eingang suchend, und einstweilen die Fassaden skizzierend. Und doch ist dies der Weg, den alle Philosophen vor mir gegangen sind. (2)                


Demnach ist auch Kant, als dessen Nachfolger sich Schopenhauer empfand, nur den Weg außen gegangen. Daher mußte er das “Ding an sich” für unerkennbar halten. Es bleibt somit nach Schopenhauer nur eine Möglichkeit, die Frage nach dem Wesen der Dinge zu beantworten, nämlich die Antwort in sich selbst zu suchen. Der eigene Körper ist zwar für uns ein Objekt des Erkennens und damit eine Vorstellung, zugleich aber sind wir auch Subjekt des Erkennens.

               

Dem Subjekt des Erkennens, welches durch seine Identität mit dem Leibe als Individuum auftritt, ist dieser Leib auf zwei verschiedene Weise gegeben: ein Mal als Vorstellung in verständiger Anschauung, als Objekt unter Objekten, und den Gesetzen dieser unterworfen; sodann aber auch auf eine ganz andere Weise, nämlich als jenes Jedem unmittelbar Bekannte, welches das Wort   Wille   bezeichnet. (3) 

               

So ist für Schopenhauer Wille das Schlüsselwort: 

               

Dieses, und dieses allein, gibt ihm (dem Individuum) den Schlüssel zu seiner eigenen Erscheinung, offenbart ihm die Bedeutung, zeigt ihm das innere Getriebe seines Wesens, seines Thuns, seiner Bewegungen. (4)     

          Anmerkungen

               

(1) Arthur Schopenhauer, Werke in zehn Bänden, Zürich 1977
(Zürcher Ausgabe), Band I: Die Welt als Wille und Vorstellung I,
§ 17, S. 141.

               

(2) Ebd., S. 142.
Die obige Aussage Schopenhauers mag zwar für die abendländischen Philosophen zutreffen. Hingegen in den östlichen Weisheitslehren, wie zum Beispiel im Buddhismus, ist die Innenschau, der innere Weg, seit jeher von wesentlicher Bedeutung. Aber auch in der abendländischen Antike ging es um Selbsterkenntnis. So lautete die Inschrift am Apollotempel zu Delphi Erkenne dich selbst. Diese Selbsterkenntnis ist jedoch nur auf dem inneren Weg möglich.

               

(3) Ebd., S. 143. 

               

(4) Ebd., S. 143. 


Wenn das Leben leidvoll ist, dann muss der Grund hierfür in der Ursache des Lebens liegen. Für Arthur Schopenhauer war es der Wille zum Leben. Schopenhauer erkannte, dass dieser Wille zum Leben Ausdruck eines allumfassenden metaphysischen Willens ist, der als das Ding an sich - wie es der von ihm hochverehrte Kant nannte - das Wesen der Welt ausmacht. (1)

               

Jeder Blick auf die Welt, welche zu erklären die Aufgabe des Philosophen ist, bestätigt und bezeugt, daß  Wille  zum Leben , weit entfernt ... ein leeres Wort zu sein, der wahre Ausdruck ihres innersten Wesens ist. Alles drängt zum Dasein ... (2)

               

An den “Millionen von Formen”, in denen das Leben erscheint, werde, so Arthur  Schopenhauer, sichtbar, dass der Wille zum Leben das Allerrealste ist, was wir kennen, ja der Lebenswille sei der Kern der Realität selbst. (3)

               

In dieser Realität, dem Lebenswillen, äußert sich ein metaphysischer Wille. Er manifestiert sich in einer ungeheuren Vielfalt von Erscheinungsformen. Dennoch ist dieser metaphysische Wille selbst eine  Einheit, die uns jedoch in der Welt als Vielheit erscheint. Ursache hierfür ist das, was Schopenhauer als das  > principium individuationis bezeichnete. Diese Vielheit ist kein fried- volles Nebeneinander. Im Gegenteil:  

               

So sehen wir in der Natur überall Streit, Kampf und Wechsel des Sieges, und werden eben darin weiterhin die dem Willen wesentliche Entzweiung mit sich selbst deutlicher erkennen. Jede Stufe der Objektivation des Willens [z. B. als Pflanze, Tier oder Mensch] macht der andern die Materie, den Raum, die Zeit streitig... (4)

               

Durch die gesamte Natur läßt sich dieser Streit verfolgen, ja sie besteht eben wieder nur durch ihn ... ist doch dieser Streit nur die Offenbarung der dem Willen wesentliche Entzweiung mit sich selbst. Die deutlichste Sichtbarkeit erreicht dieser allgemeine Kampf in der Tierwelt, welche die Pflanzenwelt zu ihrer Nahrung hat, und in welcher selbst wieder jedes Tier die Beute und Nahrung  eines andern wird ... in dem jedes Tier sein Dasein nur durch die beständige Aufhebung eines fremden erhalten kann, so daß der Wille zum Leben durchgängig an sich selber zehrt und in verschiedenen Gestalten seine eigene Nahrung ist, bis zuletzt das Menschengeschlecht, weil es alle andern überwältigt, die Natur ein Fabrikat zu seinem Gebrauch ansieht, dasselbe Geschlecht jedoch auch ... in sich selbst jenen Kampf, jene Selbstentzweiung des Willens zur furchtbarsten Deutlichkeit offenbart, und homo homini lupus wird ... (5)

               

Im Grunde entspringt dies daraus, dass der Wille an sich selbst zehren muß, weil außer ihm nichts da ist und er ein hungriger Wille ist. Daher die Jagd, die Angst und das Leiden. (6)

                                

Anmerkungen
(1) 
Näheres zum > Willen
(2) W II (Kap. 28), S. 410.
(3) Ebd., S. 411.
(4) W I (§ 27), S. 197
(5) Ebd., S. 197 f. 


     Schopenhauer beruft sich in diesem Zusammenhang auf den vorsokratischen Philosophen Empedokles: “denn wenn der Streit nicht den Dingen innewohnte, so würde alles Eines sein.”  Hierzu sei auf einen anderen Vorsokratiker, Heraklit, verwiesen, für den der Kampf ein Weltprinzip war: “Kampf ist der Vater von allem ...” und “Man muß wissen, das der Kampf das  Gemeinsame ist und das Recht der Streit, und daß alles Geschehen vermittels des Streites und der Notwendigkeit erfolgt.” (Zitiert nach “Die Vorsokratiker. Die Fragmente und Quellenberichte über- setzt und eingeleitet von Wilhelm Capelle, Stuttgart 1968 , S. 135.) Bemerkenswert ist, dass Heraklit, obwohl der Kampf der “Vater von allem” sei, dennoch von einer metaphysischen Einheit aller Dinge ausging: “Wenn ihr nicht auf mich, sondern auf den Logos hört, ist es weise, anzuerkennen, daß  
alles eins ist.”
(Capelle, a.a.O., S. 131.) 

homo homini lupus = Der Mensch dem Menschen ein Wolf:
Plautus, Asinaria, II, 495.
(6) W I (§ 28), S. 206.


Denn auf allen Stufen seiner Erscheinung entbehrt der Wille eines letzten Zieles und Zweckes, er muß immer streben, weil Streben sein alleiniges Wesen ist, dem kein erreichtes Ziel ein Ende macht, das daher keiner endlichen Befriedigung, d. h. keines Glückes, fähig ist. 

               

Mit aller Macht seiner Beredsamkeit bemüht sich Schopenhauer, das Leiden alles Lebens in allen seinen Formen und Betätigungen darzutun, das Leiden, aus dem es keine andere Rettung gibt als allein die Verneinung des Willens zum Leben, die letzten Endes Aufhebung des Individuationsprinzips bedeutet, Übergang ins Nichtssein (Nirvana).*


*Anm.:
Es ist für das Verständnis der Philosophie Arthur Schopenhauers von größter Bedeutung, dass Schopenhauer das “Nichts”, mit dem alles Leid endet, nur im relativen Sinn verstanden wissen wollte! Schopenhauer selbst wies in diesem Zusammenhang auf das  “NIRWANA der Buddhaisten” hin. Dieses Ziel ist nicht mit Begriffen dieser Welt zu beschreiben.  Man kann nur sagen, was es nicht ist, also negativ ausdrücken. Andererseits ist es höchst positiv, nämlich Erlösung vom Leid. Auf dieses Letzte hatte Schopenhauer mit äußerster Zurückhaltung hingedeutet. Der erste Band seines Haupt- werkes “ Die Welt als Wille und Vorstellung ” schließt mit den Worten: “ Wir bekennen es vielmehr: was nach gänzlicher Aufhebung des Willens übrig bleibt, ist für alle Die, welche noch des Willens voll sind, allerdings Nichts. Aber auch umgekehrt ist Denen, in welchen der Wille sich gewendet und verneint hat, diese unsere so sehr reale Welt mit allen ihren Sonnen und Milchstraßen - Nichts.” 

               

Diese Verneinung kann erst dann eintreten, wenn wir das Leben wirklich als endloses Leiden erkannt haben, und diese Erkenntnis ist nur möglich, wenn wir ... alles Lebendige lieben - denn Liebe ist nichts anderes als Mitleid, das für Schopenhauer das Fundament der wahren Moral ist. Es gehört mit dem Egoismus und der Bosheit zu den drei Grundtriebfedern für das menschliche Handeln und verbindet sich mit den Tugenden der Gerechtigkeit und Menschenliebe. Das Gefühl des Mitleids bezieht sich nicht nur auf Menschen, sondern, was besonders Schopenhauer betont, ebenso auf > Tiere.“


(Dementsprechend wird in vielen Darstellungen auf die sehr positive Einstellung Arthur Schopenhauers zum > Tierschutz hingewiesen.)
        

Die Güte des Herzens besteht in einem tiefgefühlten universellen Mitleid mit allem, was Leben hat. Diese Worte Schopenhauers sind kennzeichnend für seine, dem Buddhismus nahestehende Lebensphilosophie. 


Denn in ihr ist - wie im Buddhismus - das Mitleid gegenüber Mensch und Tier von zentraler Bedeutung. Mitleid überwindet Egoismus und ist daher nach Schopenhauer die Grundlage jeder Ethik.  Eine Ethik, bei der nur das Wohl des eigenen Lebens oder das der eigenen biologischen Art, also des Menschen, im Mittelpunkt steht, ist in Wahrheit keine Ethik, sondern mehr oder weniger Egoismus.


Ein besonders erschütterndes Beispiel für eine solche “Ethik”, welche die Lebensrechte nichtmenschlicher Wesen rücksichtslos mißachtet, sind die Tierversuche. Sie zeigen, wie sehr Menschen gewillt sind, anderen Wesen grauenvollstes Leid zuzufügen, wenn es nur ihren eigenen vermeintlichen Lebensinteressen dient. So werden selbst grausamste Tierversuche mit der Behauptung gerechtfertigt, daß sie zum Wohle der Menschen seien. Eine solche Rechtfertigung lehnte Schopenhauer entschieden ab. In ihr kommt, wie er meinte, eine in der jüdisch-christlichen Tradition wurzelnde Geisteshaltung zum Ausdruck, wonach das Tier nur ein unbeseeltes Etwas ist, eine Sache, die lediglich menschlichem Nutzen zu dienen hat. Tiere seien jedoch, so betonte Schopenhauer,  “kein Fabrikat zu unserem Gebrauch”.


Mit Abscheu las Schopenhauer Berichte von Experimenten des Ernst von Bibra, der zwei Kaninchen verhungern ließ, um die “ganz müßige und unnütze Untersuchung anzustellen, ob durch den Hungertod die chemischen Bestandteile des Gehirns eine Proportionsveränderung erlitten! ... Lassen denn diese Herren vom Skalpell und Tiegel sich gar nicht träumen, daß sie zunächst Menschen und sodann Chemiker sind? Wie kann man ruhig schlafen, während man unter Schloß und Riegel harmlose, von der Mutter gesäugte Thiere hat, den martervollen langsamen Hungertod zu erleiden? Schreckt man da nicht auf im Schlaf?”


Vor einigen Jahren berichtete eine Zeitschrift, daß Mitarbeiter eines wissenschaftlichen Instituts in Norddeutschland Kopfhörer tragen, um nicht das Schreien der gequälten Tiere zu hören. Auf diese Weise wollen sie sich vor einer Gefahr schützen, die alle am Tierversuch Beteiligten besonders zu fürchten haben - dem Mitleid. Mitleid, “ die ganz unmittelbare Teilnahme am Leiden eines Anderen” (Schopenhauer), darf es in den Labors mit Versuchstieren nicht geben, denn wer an deren Leid ganz unmittelbar Anteil nimmt, ist unfähig zu Tierversuchen, ja er wird zwangsläufig zum entschiedenen Gegner der Vivisektion.

 

Mitleid, so meinte Schopenhauer, “beruht nicht auf ... Religionen, Dogmen, Mythen, Erziehung und Bildung, sondern ist ursprünglich und unmittelbar, liegt in der menschlichen Natur selbst.” Mitleid reißt die Mauer zwischen dem “Ich” und dem “Du” nieder. Es mobilisiert im Menschen ungeahnte Kräfte, durch die Egoismus und Selbstsucht überwunden werden, und bewirkt ein Verhalten, bei dem nicht lediglich das eigene Wohl, sondern das des anderen der entscheidende Beweggrund ist. Daher ist Mitgefühl mit allem, was lebt, weit mehr als nur ein passives Empfinden. Es hängt “mit der Güte des Charakters so genau zusammen, daß man zuversichtlich behaupten darf, wer gegen Thiere grausam ist, könne kein guter Mensch seyn” (Schopenhauer).

 

Ich muß es aufrichtig gestehn”, schrieb Schopenhauer wenige Jahre  vor seinem Tod, “der Anblick jedes Thiers erfreut mich unmittelbar und mir geht dabei das Herz auf.”  Deshalb konnte ihn auch das maßlose Elend der gequälten Versuchstiere nicht unberührt lassen. Schon während seines Studiums, als er Vorlesungen über Physiologie besuchte, wurde ihm sehr deutlich, “was für eine grausame und entsetzliche Sache “ die Vivisektion ist. Hierbei konnte jeder, der wollte, Tiere nach Belieben für jede Art von Experimenten benutzen. Schopenhauer: “Heut zu Tage hält jeder Medikaster sich befugt, in seiner Marterkammer die grausamste Thierquälerei zu betreiben, um Probleme zu entscheiden, deren Lösung längst in Büchern steht...”

 

Trotz Tierschutzgesetz sind auch heute noch die Tiere rechtlos und damit den Tierexperimentatoren hilflos ausgeliefert. Alle Bemühungen, die rechtliche Stellung der Tiere entscheidend zu verbessern, hatten bisher nur geringen Erfolg. Zunächst muß sich, wie Schopenhauer erkannte, die Einstellung der Menschen zum Tier grundlegend ändern :  “Erst, wenn jene einfache und über allen Zweifeln erhabene Wahrheit, daß die Thiere in der Hauptsache und im Wesentlichen ganz das Selbe sind, was wir, in´s Volk gedrungen seyn wird, werden die Thiere nicht mehr als rechtlose Wesen dastehn .... - und wird es nicht  jedem Medikaster freistehn, jede abenteuerliche Grille seiner Unwissenheit durch die gräßlichste Qual einer Unzahl Thiere auf die Probe zu stellen.”

 

Seit Schopenhauers Tod sind mehr als 150 Jahre vergangen. Die Tierversuche haben inzwischen ein Ausmaß erreicht, das sich dieser Philosoph kaum vorstellen konnte. So ist die Arbeit der Tierversuchsgegner notwendiger denn je. Hierfür gibt es wohl keine ethisch tiefere Begründung als das allumfassende Mitgefühl, das Schopenhauer in den Mittelpunkt seiner Lebensphilosophie stellte. Sie ist eine Philosophie, die das Leid der Welt, das sich auch in den Tierversuchen manifestiert, weder rechtfertigt noch beschönigt. Kritiker, die einem oberflächlichen Optimismus huldigen, werfen Schopenhauer deshalb “Pessimismus” vor. 


Doch “für den wahrhaft Denkenden”, so schrieb der Philosoph Max Horkheimer kurz vor seinem Tod, bedeutet Schopenhauer “einen unendlichen Trost”. 

Thomas Mann fand bei Schopenhauer “ein Wahrheitserlebnis” wie in keiner anderen Philosophie, ja er meinte, “daß die schopenhauersche Wahrheit ... in der letzten Stunde ... standzuhalten geeignet ist.” Zu dieser Wahrheit gehört auch eine Erkenntnis, die mit Tierversuchen  völlig unvereinbar ist:

Tiere sind "Brüder" des Menschen.

           

Abschließend einige Zitate Schopenhauers, die eindeutig jeder nihilistischen Interpretation seiner Philosophie den Boden entziehen:

               

Der Mensch ist etwas anderes als ein belebtes Nichts: und das Tier auch. Wer da meint, sein Dasein sei auf sein jetziges Leben beschränkt, hält sich für ein belebtes Nichts: denn vor dreißig Jahren war er nichts und über dreißig Jahre ist er wieder nichts. “

               

Man hat geklagt, daß meine Philosophie traurig und trostlos wäre: aber nichts ist so trostlos wie die Lehre, daß Himmel und Erde und konsekutiv ( folglich ) der Mensch aus Nichts geschaffen seien, denn da folgt wie Nacht auf Tag, daß er zu Nichts wird, wenn er vor unsern Augen stirbt. Vielmehr ist der Anfang und Grund alles Tröstlichen die Lehre, daß der Mensch nicht aus Nichts geworden ist. “

               

Für uns bleibt der Tod ein Negatives - das Aufhören des Lebens, allein er muß auch eine positive Seite haben, die jedoch uns verdeckt bleibt, weil unser Intellekt durchaus unfähig ist, sie zu fassen. Daher erkennen wir wohl, was wir durch den Tod verlieren, aber nicht, was wir durch ihn gewinnen. “

               

Ähnlich ist es auch mit der Philosophie Schopenhauers: Was durch Verneinung des Willens aufgegeben wird, können wir erfassen, die positive Seite, also dass, was durch sie gewonnen wird, bleibt hingegen unserem Intellekt verborgen. Dennoch ist dieses überaus Positive, zwar nicht intellektuell, aber meditativ erfahrbar als

               

jener Friede, der höher ist als alle Vernunft, jene gänzliche Meeresstille des Gemüts, jene tiefe Ruhe, unerschütterliche Zuversicht und Heiterkeit, deren bloßer Abglanz im Antlitz, wie ihn Raffael und Correggio dargestellt haben, ein ganzes und sicheres Evangelium ist. Nur die Erkenntnis ist geblieben, der Wille ist verschwunden.

          

Arthur  Schopenhauer , Verkannter Philosoph und sogenannter "Frauenverachter"

S. Hab  Master of Science (M. Sc.)  Universalist und Verfechter der Gleichberechtigung